Hochsensibilität, was ist das

Inhaltsverzeichnis

 

          Hochsensibilität, was ist das

 

          Hochsensibilität von A bis Z

 

          Iwan Pawlov, Hochsensibilität und die Transmarginale Hemmung

 

          Test von Elaine Aron

 

          Wenn man alles fühlt – Das Leben als hochempathischer Mensch

 

          Empathie

 

          Dating und Beziehung mit Hochsensiblen

 

          Das Leben ist eine Weltreise

 

          Hochsensibilität und die Sache mit den hohen Erwartungen

 

          Links zu Hochsensiblem - Seiten

 

           Gedicht: Seelen(Auf)ruf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hochsensibilität - Was ist das?

 Auszug aus der Informationsbroschüre des Informations- und Forschungsverbundes

 Hochsensibilität e.V. zum Thema Hochsensibilität und zum Verein

 

BLITZINFO

Das Wichtigste zum Thema Hochsensibilität

 

Hochsensible Menschen (HSP = Highly Sensitive Person) nehmen aufgrund neurologischer Besonderheiten äußere und innere Eindrücke intensiver wahr. Häufig in diesem Zusammenhang gehörte Stichworte sind: „empfindlicheres Nervenkostüm“ oder „dünnhäutig“. Es ließe sich formulieren, dass pro Zeiteinheit mehr Informationen aufgenommen werden.

 

Das hat den

  • potentiellen Nachteil einer leichteren Reizüberflutung, weshalb häufiger  Phasen des Rückzugs erforderlich sind,
  •  in denen sich die HSP regenerieren kann. Beispiele für akut unangenehme Situationen wären große
  • Menschenmengen und die laute Musik in einer Diskothek.
  • Vorteil des intensiveren Erlebens und gründlicheren Reflektierens, was häufig zu größerer Vorsicht bzw.
  • Umsicht  führt. Ferner wird berichtet, schon kleine Freuden könnten bereits in starkem Maße erfüllend wirken.

Hochsensible fühlen sich häufig verkehrt, weil anscheinend alle anderen Menschen andere Maßstäbe dafür haben, was ‚gesund’ und ‚richtig’ ist. Bekannte Zitate in diesem Zusammenhang lauten: „Ich fühle mich, als sei ich ein Außerirdischer“; „.. wie von einem anderen Stern.“

 

Nach erstem Kontakt mit dem Terminus Hochsensibilität wird häufig von großer Erleichterung berichtet; neu sei die Erkenntnis, nicht krank zu sein, und dass es andere gebe, die so seien wie man selbst.

 

Ein wichtiges Zitat: „Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen“.

 

Weitere Konsequenz der Konfrontation mit dem Terminus ist die Möglichkeit der Akzeptanz der eigenen Maßstäbe dafür, was einem gut tut, und des Erlernens einer an die eigene Besonderheit angepassten Lebensweise.

 

Das Konstrukt Hochsensibilität existiert seit seiner Postulierung durch die amerikanische Psychologin Elaine Aron in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung aus dem Jahr 1997. Inzwischen gibt es mehrere wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Veröffentlichungen auch in deutscher Sprache.

 

GENAUER BETRACHTET

Jeder Mensch nimmt Informationen aus seiner Umwelt auf und verarbeitet sie. Bei fast allen Menschen wird ein Großteil der Informationen jedoch aus der Wahrnehmung herausgefiltert.

 

Wir merken dies zum Beispiel, wenn wir uns an ein Geräusch gewöhnt haben: Wer an einer Straße wohnt, deren Lärm hörbar ist, aber nicht besonders belästigt, wird diese Geräusche nach einer gewissen Zeit nicht mehr wahrnehmen, ob-gleich sie objektiv nach wie vor vorhanden und hörbar sind. Kommen Gäste zu Besuch, die die AnwohnerInnen auf den Verkehrslärm aufmerksam machen, nehmen sie ihn plötzlich – wenn-gleich ohne Überraschung – für einige Zeit wieder wahr, bis sie schnell in die alte Gewohnheit verfallen und den Verkehrslärm aus ihrer Wahrnehmung ausblenden. Der „Gesang“ der Straße wird aus der Wahrnehmung herausgefiltert.

 

Dieser Filter ist bei hochsensiblen Menschen aufgrund neurologischer Besonderheiten weniger stark ausgeprägt als bei nichthochsensiblen Menschen. Hochsensible nehmen viel mehr Informationen auf, sowohl von ihrer Umwelt als

auch von sich selbst. Sie nehmen feine Einzelheiten in einem größeren Spektrum wahr.

 

Was genau Hochsensible allerdings im Einzelfall intensiver wahrnehmen, ist unterschiedlich, auch weil sich die Wahrnehmung auf das Innere und das Äußere erstreckt. Manche HSP (= Highly Sensitive Person) nehmen z. B. Gerüche, optische und akustische Eindrücke intensiver oder facettenreicher wahr, andere bemerken beispielsweise feine Nuancen in zwischenmenschlichen Beziehungen, können manchmal gar fühlen, ob eine Person lügt.

 

Was hat dies für Konsequenzen?

Hochsensibilität hat Vorteile und Nachteile. Da Letztere in der modernen Gesellschaft Hochsensiblen das Leben sehr erschweren können, werden sie in Diskussionen und in der Literatur intensiv behandelt. Verstehen kann man ihre Ursachen nur, wenn man sich die Folgen der intensiveren Wahrnehmung vergegenwärtigt

 

Wahrnehmung ist anstrengend. Wer einige Stunden in der Oper saß, wird zu Hause nicht gleich eine CD in die Stereoanlage einlegen und Musik hören. Wer 90 Minuten konzentriert einem Vor-trag gelauscht hat, braucht eine Pause. So schön die Disko auch sein mag – irgendwann wird einem die Musik zu viel, und man möchte nach Hause

 

Weil Wahrnehmung anstrengend ist, haben Menschen nur begrenzte Aufnahmekapazitäten. Aus diesem Grund gibt es Pausen zwischen den Schulstunden, werden Theaterstücke nicht gerne ohne Unterbrechung gespielt und bei Spielfilmen mit Überlänge Pausen eingelegt. So schön eine Erfahrung auch ist – irgendwann ist es genug, wir brauchen eine Auszeit.

 

Jeder Mensch braucht nach Wahrnehmung Pausen zur Verarbeitung, auch zur Erholung der Nerven. Man kann die Aufnahme von Information nur eine bestimmte Zeit lang ertragen, dann wird es einem zu viel. Man könnte auch sagen: Nur ein gewisses Quantum an Information kann am Stück aufgenommen werden, dann sind die inneren Speicher voll und die Akkus leer.

 

Wenn Hochsensible nun permanent wesentlich mehr Informationen aufnehmen als normale sensible Menschen, so liegt es in der Natur der Sache, dass bei ihnen die Speicher schneller voll und die Akkus schneller leer sind. Die hohe Anzahl an Informationen, die sie aufnehmen, will verarbeitet („verdaut“) werden. Ihre Nerven brauchen nach Zeiten der intensiven Stimulierung früher eine Phase der Regeneration.

 

Aufnahmekapazitäten bestimmen allerdings nicht nur die Dauer der erträglichen Wahrnehmung von Informationen, auch begrenzen sie Umfang und Intensität an Information, die zur selben Zeit, sprich in einem Moment, aufgenommen werden kann.

 

Werden uns zu viele Bilder in zu hektischer Abfolge gezeigt, wird uns unwohl, wir wünschen uns ein langsameres Tempo. Viele Menschen fühlen sich belastet, wenn zu viele Personen gleichzeitig auf sie einreden.

 

Auch hier stoßen Hochsensible früher an ihre Grenzen: Da die Intensität ihrer Informationsaufnahme höher ist als bei anderen Menschen, geraten sie schneller an ihre „Schmerzgrenze“. Der Ausdruck passt in der Tat: Überstimulation kann Schmerzen verursachen. Bei HSP sind schneller Leitungen überlastet – der Körper wehrt sich.

 

Infolge dieser Begrenzungen sind Hochsensible, von außen betrachtet, scheinbar weniger belastbar – laute Musik, der andere ohne Probleme zu hören können, führt bei ihnen zu Unwohlsein, gar zu Schmerzen.

 

Gruppen von Menschen, z. B. große Partys mit breiter Geräuschkulisse, eng aneinander stehenden Menschen und vielen Gerüchen in der Luft, die für normale Menschen keine besondere Herausforderung darstellen, bedeuten für Hochsensible häufig eine unerträgliche Überlastung an Informationszufluss. Wenn sie sich aus solchen Situationen zurückziehen, wird das häufig als Ungeselligkeit, Snobismus, elitäres Empfinden oder Unhöflichkeit interpretiert. In Wirklichkeit ist es Flucht – Flucht vor der Überreizung, die das Nervensystem der HSPs an die Grenze der Überlastung bringt.

 

Als der Verfasser z. B. während seiner Studienzeit Freunde besuchte, die im Hintergrund Musik laufen ließen, so konnten diese sich dabei stundenlang unterhalten. Der Autor konnte es nicht – je nach Lautstärke musste er sich früher als die anderen verabschieden. Und auch schon während des Beisammenseins hatte er für die Geselligkeit den Preis gezahlt, dass er sich nicht vollständig wohlfühlte – er war stets durch Überstimulation nervlich angespannt gewesen.

 

Die nichthochsensiblen Freunde hatten dafür wenig Verständnis. Sie konnten nicht nachempfinden, was ihn an der Musik störte.

 

So individuell die Wahrnehmungsunterschiede bei HSP sind, so unterschiedlich sind auch die Ereignisse, die Überstimulierung hervorrufen. Manche HSP kann laute Musik lange Zeit problemlos hören, wird aber durch eine leichte, für andere Menschen kaum fühlbare Verstimmung der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners, der/des Vorgesetzten in eine tiefe Krise gestürzt.

 

Verhalten sich Hochsensible konsequent, werden sie also Situationen meiden, in denen sie mit Reizen, die zu Überstimulation führen, konfrontiert werden. Dazu zählen insbesondere Orte mit lauter Musik und vielen Menschen; das kann aber, wie gesagt, individuell ganz unterschiedlich sein.

 

Auch werden Hochsensible eine Tendenz aufweisen, sich zurückzuziehen, teilweise ein EigenbrötlerInnendasein führen, um Zeit und Muße zu haben, die vielen Informationen zu verarbeiten.

 

Ist das nicht schrecklich?

HSP, die um ihre Veranlagung noch nicht wissen, glauben sehr häufig, mit ihnen sei etwas nicht in Ordnung, sie seien krank und behandlungsbedürftig. Der äußere Eindruck scheint dies auch zu bestätigen: Alle anderen können Dinge tun, die für HSP unerträglich sind. Im Glauben, die eigene Andersartigkeit sei etwas Pathologisches, versuchen sie, dagegen anzukämpfen, was in neue Teufelskreise bis hin zu Selbsthass führen kann.

 

Wissen HSP jedoch um ihre Besonderheit, können sie ihre Sensibilität häufig genießen, ja sogar nutzen. Wenn viel mehr Informationen verarbeitet werden müssen, führt dies automatisch zu mehr Verarbeitung. Das klingt banal, hat aber zur Folge, dass viele Hochsensible ständig mit Informationsverarbeitung, sprich Analyse ihrer Eindrücke, beschäftigt sind. Ihre entsprechenden Fähigkeiten sind hochtrainiert, und so vielschichtig und facettenreich ihre Wahrnehmung ist, so vielschichtig und facettenreich sind ihre Interpretationen der Welt. HSP hüten sich vor verfälschend einfachen Denkmustern und kommen in ihrem Verständnis der Welt der überaus komplizierten und komplexen Realität weitaus näher als Nicht-HSP.

 

Breiten Raum in ihrem Bewusstsein nimmt die Reflexion ein, sowohl über die äußere Welt als auch über sich selbst. Sogar vor dem Denken als Phänomen macht ihr Nachdenken nicht halt. Teilweise erschließen innere Dialoge auf verschiedenen und miteinander verknüpften Metabenen einen hochdifferenzierten Zugang zur Welt, der Stellung des Ich darin und zur Metaphysik.

 

Dies klingt vielleicht überheblich und abgehoben. Doch es stürzt in elementare Krisen, wenn z. B. aufgrund der erbarmungslosen Selbstreflexion die eigene Existenz plötzlich in Rechtfertigungsnöte gerät. Die Infragestellung von als selbstverständlich erachteten Fundamenten des (eigenen) Daseins kann an Abgründe führen; Depressionserscheinungen sind für manche HSP ein bekannter Gefährte.

 

Doch hat man die Talsohle durchschritten und für sich selbst ein philosophisches System entwickelt, das der uneingeschränkten Reflexion standhält, so ist diese geistige Grundlage des Lebens stabiler als vieles andere, was diese Welt an Ideologien und Dogmen anbietet.

 

Diese Komplexität des Innenlebens wird von vielen HSP als Reichtum bezeichnet. Ihr intensives Erleben, selbst von Kleinigkeiten des Alltags, gibt dem Dasein eine Qualität.

 

Die führt dazu, dass man trotz der Nachteile im Umgang mit den Mitmenschen auf die Veranlagung nicht mehr verzichten möchte. Auch hier gibt es selbstverständlich abweichende Aussagen, doch scheint die Mehrheit der HSP das Gesagte zumindest mit Vorbehalten unterstützen zu können.

 

Im Umgang mit der Welt kann dies allerdings zu neuem Schmerz führen. Die intensive Reflexion mit hoher Differenzierung führt zu Vorsicht und Zurückhaltung im Urteil: Die These kann in der Regel genauso verfochten werden wie die Antithese.

 

Zu Traurigkeit und Verzweiflung kann führen, dass sich diese Vorsicht bei den Mitmenschen nicht findet. Abstoßend wirken emotional aufgeladene Vehemenz und Überzeugungen, welche aus der Sicht der Hochsensiblen nicht gründlich geprüft und hinterfragt wurden. Alles ist doch so kompliziert, und die Mitmenschen scheinen dies nicht zu verstehen, sondern eindimensional und oberflächlich zu denken, nicht hinter die Kulissen zu blicken, kein Verständnis zu haben dafür, dass zurückhaltende Differenzierung dem oberflächlichen Draufgängertum überlegen ist.

 

Eine gewisse Vereinsamung des hochsensiblen Geistes kann die Folge sein. Sie verstärkt, was durch den Fluchtinstinkt vor der Überstimulation ohnehin Tendenz des Strebens ist.

 

Hochsensible – geschätzt 15-20% der Gesamtbevölkerung – trösten sich in ihrer Literatur und ihren Internet-Foren mit lange vergangenen Zeiten, in denen ihresgleichen einflussreiche und geschätzte Positionen in der Gesellschaft – z. B. Berater an den Höfen der Könige, Priester/ innen gehabt hätten. Die moderne Gesellschaft, so beklagen sie, sei jedoch der Hochsensibilität feindlich gegenüber eingestellt. In der modernen Zeit zählten Kraft, Stärke und Schnelligkeit. Nachdenklichkeit, Reflexion und langsameres Handeln seien heutzutage ein Zeichen von Schwäche. Dementsprechend würden Hochsensible allmählich aus ihren klassischen Berufen verdrängt und fänden Nischen nur in den letzten Bereichen, die man spontan mit Hochsensibilität assoziiert, beispielsweise Psychotherapie.

 

In der Tat täuscht hier die Intuition nicht: Intimität schätzen viele Hochsensible sehr; sie werden häufig als gute ZuhörerInnen geschätzt, da sie ein feines Gespür für Stimmungen und subtile Botschaften haben und das Vermögen ausstrahlen, mit Verletzlichkeit behutsam umzugehen. Für Hochsensible ist eine Intimität, die Sanftmütigkeit und Rücksichtnahme mit sich bringt, die Art des Umgangs, die sie sich für die ganze Gesellschaft erhoffen. Gerade mit Personen, die Schicksalsschläge hinter sich haben, die Spuren hinterließen, „stimmt die Chemie“ – da solche Menschen nach ihren Erlebnissen im Angesicht von Abgründen auch zu tieferer Reflexion und größerer Behutsamkeit neigen.

 

Betont wird, dass Hochsensible ebenso wie geringer Sensible jeweils wichtige Aufgaben in der Gesellschaft erfüllten, dass mithin eine Gesellschaft, die die Hochsensiblen an den Rand dränge, irgendwann einen Preis dafür werde zahlen müssen.

 

Dies erscheint insbesondere plausibel, wenn man sich die Fähigkeit mancher HSP vor Augen führt, scheinbar in die Zukunft blicken zu können: Was wie Wahrsagerei aussieht, ist in Wirklichkeit das teilweise unbewusste Erkennen hochkomplexer Kausalketten und übergeordneter Zusammenhänge, das Prognosen erlaubt, die bei Nicht-HSP Staunen hervorrufen können. HSP erkennen die Konsequenzen des Handelns schon im Voraus und neigen infolgedessen zu angemessener Vorsicht.

 

Hochsensibilität kann aufgrund der hohen nervlichen Aktivität ferner zu besonderen Begabungen führen. Viele HSP sind außergewöhnlich kreativ; andere sind durch Schnelligkeit, Geistesgegenwart und fast pedantische Genauigkeit in ihrem Beruf überaus leistungsfähig.

 

Wie überlebt man trotz der Probleme in dieser Gesellschaft?

Wie dargestellt, gibt es genug Gründe, an der modernen Zeit zu leiden. Verweigert man sich nicht der modernen Lebensweise, lebt man oft in nervlicher Überstimulation, was zu Angstzuständen und Depression führen kann. Die Rationalisierungen der Angst sind mannigfaltig, z. B. unbegründete Sorgen in Bezug auf die soziale Stellung oder Hypochondrie. Verweigert man sich der modernen Lebensweise, drängt sich z. B. das Gefühl auf, etwas zu verpassen. Man gerät in die

 

Gefahr der sozialen Isolation und sieht sich im schlimmsten Fall der Verachtung seiner Mitmenschen ausgesetzt, die die Rückzugsbestrebungen als Ausdruck von Überheblichkeit oder gar (krankhafter) Absonderlichkeit werten.

 

Sehr ausführlich werden in der Literatur von und für Hochsensible angesichts der vielen Probleme Strategien und Taktiken dargestellt, wie man seine besonderen Bedürfnisse mit der Realität der heutigen Zeit einigermaßen in Einklang bringen kann. Grundsätzlich, soviel kann hier zusammenfassend gesagt werden, geht es darum, sich der eigenen Besonderheit bewusst zu sein, und sie immer ein bisschen mit zu bedenken, wenn man alltägliche Entscheidungen darüber trifft, was man tut und wie man lebt.

 

Bin ich nun hochsensibel?

Man kann sich für Hochsensibilität ‚nichts kaufen’. Der Terminus kann aber helfen, dass ein Betroffener/eine Betroffene das Leben etwas mehr der Veranlagung entsprechend gestaltet. Infolgedessen sei schlicht gesagt, dass wer mit „Hochsensibilität“ etwas anfangen kann, wem der Begriff etwas sagt, im eigenen Interesse weiterforschen sollte.

 

 

Regelmäßig gestellte Fragen

 

1. Woher weiß ich, ob ich wirklich hochsensibel bin?

Ein "Diagnoseverfahren" oder ähnliches gibt es für Hochsensibilität nicht. Zwar existieren diverse Fragebögen, die mehr oder weniger stark den Anspruch erheben, ein aussagekräftiges Ergebnis zu liefern. Der IFHS ist in dieser Hinsicht allerdings etwas skeptischer; wir empfehlen, eine Weile den Gedanken, eine HSP zu sein, quasi versuchsweise ‚mit sich herumzutragen‘ und nach einiger Zeit zu prüfen, ob sich die Lebensqualität gebessert hat oder man nach anderen Erklärungen für das besondere Lebensgefühl suche muss.

 

Auf jeden Fall kann man sich für Hochsensibilität ‚nichts kaufen‘, weshalb eine belastbare ‚Diagnose‘ auch keine unmittelbaren Konsequenzen hätte. Der Terminus kann allerdings helfen, dass einE BetroffeneR das eigene Leben etwas mehr der Veranlagung entsprechend gestaltet und auch von ihren positiven Seiten profitiert.

 

2. Was habe ich davon, hochsensibel zu sein?

Wenn Sie nicht unter Ihrer Hochsensibilität leiden - umso besser. Dann brauchen Sie über das Thema im Grunde nicht weiter nachzudenken. Das Wissen, hochsensibel zu sein, hilft allerdings vielen Menschen, ihr Leben besser ‚in den Griff zu kriegen‘: im Bewusstsein ihrer Besonderheit ihr Leben angenehmer zu gestalten. Viele Hochsensible leiden speziell darunter, dass sich ein massiver Anpassungsdruck einstellt: Man glaubt, die eigenen Maßstäbe dafür, was gut tut, was man aushalten kann, seien falsch, und versucht krampfhaft, so zu sein wie ‚alle anderen‘. Mit Kenntnis des Terminus fällt dieser Anpassungsdruck häufig sofort weg; es stellt sich eine umfassende Erleichterung ein. Nicht nur ein Stein, sondern ganze ‚Gebirgsketten’ fallen vom Herzen. Die Erfahrung dieses Gebirgsketteneffekts war Motiv für die Gründung des IFHS.

 

3. Ist das Ganze wissenschaftlich anerkannt?

Die Feststellung, dass manche Menschen sensibler sind als der Durchschnitt, dürfte allgemeiner Wahrnehmung entsprechen und daher trivial sein. Prämisse der Arbeit des IFHS ist jedoch, dass es angemessen und im therapeutischen Kontext (im weitesten Sinne) sinnvoll ist, von der Existenz eines Phänomens (Validität eines Konstrukts) namens Hochsensibilität auszugehen. Hier stellt sich die Frage, ob dieser Begriff „wissenschaftlich anerkannt“ ist.

 

Dieser Frage liegt die Vorstellung zugrunde, es ließe sich klar beantworten, was „wissenschaftlich anerkannt“ ist, so als gäbe es eine Art zentraler Institution, die darüber entscheidet und abschließend befindet.

 

Wissenschaft ‚funktioniert’ aber anders: Neue Ideen und Theorien werden zunächst von Einzelnen in der Fachpresse veröffentlicht. Im Laufe der Zeit - dies kann sehr lange dauern - werden die neuen

 

Thesen durch weitere Forschungen bestätigt, widerlegt oder verfeinert. Bis eine Position „herrschende Meinung“ oder sogar „allgemeine Ansicht“ wird, ist es aber meist ein weiter Weg.

 

Der Ausdruck Hochsensibilität als wissenschaftlicher Terminus existiert seit einer grundlegenden Veröffentlichung im (hoch angesehenen) Journal of Personality and Social Psychology aus dem Jahre 1997. Einzelne spätere Studien verwenden den Ausdruck in diesem Sinne. Viele Forschungen vorher und nachher scheinen ferner in Ergebnissen Ähnliches auszusagen wie Forschung unter dem Stichwort „Hochsensibilität“, obwohl andere Anknüpfungspunkte gewählt wurden.

 

Somit ist die Verwendung des Begriffes aus wissenschaftlicher Sicht zumindest nicht unzulässig; der IFHS stellt sich hier auf die pragmatische Position, der zufolge die Benutzung des Begriffes legitim ist, solange er dazu dient, Menschen zu helfen.

 

4. Sind nicht alle Menschen sensibel?

Eine Vielzahl von Personen empfindet aufgrund von Informationen wie jenen in dieser Broschüre ein Gefühl grundsätzlicher Erleichterung, das Indiz für ein tiefgreifendes Unterschiedlich-Sein ist. Das Spektrum an angenehmen Tätigkeiten und Empfindungszuständen unterscheidet sich zwischen HSP und Nicht-HSP so stark, dass etwas ‚dran‘ sein muss.

 

Ob der Terminus „hochsensibel“ als solcher richtig gewählt und das, was hier als "Hochsensibilität" bezeichnet wird, nicht Unterfall eines anderen psychologischen Phänomens ist, wird die Zeit zeigen.

 

Die Andersartigkeit eines Teiles der Bevölkerung als solche wird kaum bestreitbar sein.

 

5. Was hat Hochsensibilität mit anderen psychischen Phänomenen oder gar Krankheiten zu tun?

Hochsensibilität als solche wird vom IFHS nicht als Krankheit, sondern als Phänomen betrachtet, das Vor- und Nachteile mit sich bringt. Zu den Nachteilen kann eine höhere Anfälligkeit für psychische (nicht: grob-hirnorganische) Erkrankungen gehören. Namentlich gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Hochsensible, die in Kindheit und/oder Jugend auf ungünstige Umweltbedingungen treffen, leichter die sog. Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.6) entwickeln.

 

Sie äußert sich in pathologisch starken Gefühlen der Unzulänglichkeit, die das soziale Leben Betroffener nachhaltig beeinträchtigen können.

 

Anscheinend hat die Fragestellung nach der Abgrenzung von Hochsensibilität und der Aufmerksamkeitsdefizit- und -Hyperaktivitätsstörung (AD(H)S) eine gewisse Prominenz. Faustregelartig ist hierzu zu sagen, dass an AD(H)S erinnernde Symptomatik bei „nur“ Hochsensiblen vollständig verschwinden müsste, sofern diese Menschen einem Niveau an Reizeindrücken ausgesetzt sind, das für sie angenehm ist.

 

Eine nicht der eigenen Hochsensibilität angepasste Lebensweise ist allerdings in jedem Fall ein Gesundheitsrisiko. Das gilt freilich nicht nur für psychische, sondern auch für psychosomatische Erkrankungen.

 

6. Was hat Hochsensibilität mit Hochbegabung zu tun?

Gute Frage. Die Frankfurter Psychologin Andrea Brackmann vertritt die These, so gut wie jedeR Hoch-begabte sei automatisch hoch sensibel (sie scheint den Terminus „Hochsensibilität“ als solchen aber nicht zu kennen). In der Tat sind Beschreibungen von Hochbegabung und Hochsensibilität teilweise nahezu wortgleich.

 

Äquivalent dürfte diese Beziehung aber jedenfalls nicht sein: Rein mathematisch ist es unmöglich, dass jeder Hochsensible automatisch hochbegabt im Sinne weit überdurchschnittlicher Intelligenz (i.S.d. IQ-Tests) ist, da 15 bis 25 % der Menschen hochsensibel, aber nur etwa 2 % hochbegabt sein sollen. Georg Parlow, Verfasser des Buches „Zart besaitet“ und Vorsitzender des österreichischen Schwestervereins des IFHS, meint vorsichtig, jedeR Hochsensible sei „besonders begabt“.

 

Allgemein lässt sich wohl sagen, dass der Ausdruck „Hochbegabung“ eher eine besondere intellektuelle Konstitution beschreibt, der Ausdruck „Hochsensibilität“ hingegen auf allgemein-neurologische Besonderheiten abstellt.

 

7. Bin ich als „Normalo“ jetzt unsensibel?

Wer von sich sagt, hochsensibel zu sein, der sagt damit nicht im Umkehrschluss, dass alle anderen „unsensibel“ wären. Dieses Missverständnis kann deshalb entstehen, weil der präzise englische Fachausdruck sensory-processing sensitivity nur unzureichend mit dem Ausdruck „hochsensibel“ ins Deutsche übersetzt ist. Hochsensibilität bedeutet eine neurologische Besonderheit, nicht besondere emotionale Fähigkeiten.

 

SPRÖSSLINGE

Leben mit hochsensiblen Kindern - Herausforderung und tiefes Glück

 

Universal gültige Empfehlungen für das Leben mit hochsensiblen Kindern zu geben, ist uns natürlich nicht möglich. Jedes ist für sich einzigartig, und das ist gut so. Dennoch möchten wir an dieser Stelle einige Anregungen geben, die aus der persönlichen Erfahrung, regem Austausch mit anderen HSP und langjähriger Beobachtung resultieren.

 

Im Folgenden wird von Kindern im Alter von etwa bis Jahren die Rede sein. Sowohl für Säuglinge als auch Teenager können andere Herangehensweisen von Bedeutung sein. Wobei sich diese Konstellation natürlich –zumindest beizeiten – auch als sehr wenig ideal anfühlen kann.

 

Das geliebte Wesen vom anderen Stern

Die Vermutung, dass Ihr Kind hochsensibel sei, hat Sie hierher gebracht, und nun möchten Sie natürlich wissen, ob sie denn auch zutrifft. Es gibt inzwischen neben dem klassischen Fragebogen von E. Aron bereits einige auf Kinder zugeschnittene Modelle, anhand derer sich Eltern einen guten ersten Eindruck verschaffen können. Wir haben die wesentlichen Aussagen im Anhang für Sie zusammengestellt.

 

Grundsätzlich gilt für hochsensible Kinder dasselbe „Regelwerk“ zur Lebensgestaltung wie für erwachsene HSP. Allerdings sind Kinder aufgrund ihres geringen Erfahrungshorizontes, ihrer körperlichen Verfassung (Größe, Gewicht, physische Leistungsfähigkeit usw.) und ihrer gesellschaftlichen Stellung oft besonders schnell in einer schwachen Position. Dies addiert mit der komplexen Reizwelt, die durch die Medien aufgebaut wird, und den spezifischen Belastungen in Familie (z. B. aufgrund finanzieller Probleme), Kindergarten, Schule und Gruppen außerhalb dieser Systeme PLUS ihre Hochsensibilität machen ein stattliches „Päckchen“ aus, das es erst einmal zu tragen gilt. Sie als Bezugsperson können durch gesunde Abgrenzung auf der einen Seite und sachgerechte Unterstützung im häuslichen Bereich andererseits Ihrem Kind viel Stabilität und Rückhalt bieten. Diese sind Kraftquellen für jedes Kind, und für das hochsensible ganz besonders. Jeder Einfluss außerhalb der Familie kann mit einem solchen Fundament besser verarbeitet werden.

 

... bloß ein bisschen anders!

Der Alltag mit Ihrem hochsensiblen Kind mag die meiste Zeit völlig „normal“ anmuten, und nur selten stehen Sie da „wie der Ochs’ am Berge“. Unter Umständen sind Sie selbst ebenfalls hochsensibel und können sich daher in vieles, was Ihrem Kind zu schaffen macht, hineinversetzen und aus einem großen Erfahrungsschatz Lösungen anbieten. Aber auch wenn Sie häufig kaum begreifen, welcher Moment jetzt das auslösende war, machen Sie dennoch schon häufig instinktiv genau das Richtige. In jedem Fall kann es hilfreich sein, an dieser Stelle einmal gesammelte typische Besonderheiten hochsensibler Kinder zu überblicken. Bei allem bedenken Sie doch bitte stets: Ihr Kind ist weder krank, noch stimmt irgendetwas nicht mit ihm. Es ist lediglich anders!

 

Dass dieses Anderssein sehr oft auch äußerst wohltuend sein kann, werden Sie sicherlich ebenfalls schon bemerkt haben. Eine tiefe Empathie ist praktisch jeder HSP gegeben und kann sich in sehr liebevollem und aufmerksamem Mitfühlen in Bezug auf Eltern oder Geschwister äußern. Behüten Sie diese Gabe, bis Ihr Kind selbst dazu in der Lage ist!

 

Hochsensible Kinder sind oft:

  • eher introvertiert/zurückgezogen (etwa 30% der HSK sind extrovertiert)
  • eher wenig mit anderen Kindern befreundet
  • oft sehr PC-begeistert
  • äußerst wissensdurstig und hochkonzentriert bei Themen, die das Kind anregen, sonst eher
  • unmotiviert
  • eher in Schulfächern gut, die Phantasie und visuelles Lernen zulassen (Musik, Kunst, Literateratur
  • ggf. Biologie oder Physik [weil anschaulich], Religion usw.)
  • keine „Sportskanonen“, da insbesondere Schulsport als zu schnell, zu belastend und mit zu viel
  • Konkurrenz und Druck verbunden erlebt wird
  • Gedankenreisende oder Träumer (bedeutet praktisch immer, dass Dinge in dem typisch hohen
  • Maß verarbeitet werden)
  • durch „Träumerei“ eher unpünktlich oder vergesslich; u. U. danach sehr zerknirscht, da dies
  • nicht zu ihren eigenen (oder fremden) Ansprüchen an sich selbst passt
  • eher langsam (oft aufgrund von Gründlichkeit!)
  • gestresst bei Klassenarbeiten/Notenvergabe/Prüfung
  • gestresst/überreizt bei objektiv „schönen“ Anlässen wie Geburtstag, Weihnachten
  • (für Außenstehende plötzlich) traurig oder sogar depressiv
  • von familiären Aktivitäten schnell überfordert und rückzugsgeneigt
  • sogenannte Spätentwickler
  • fokussiert auf Körperkontakt mit Menschen, die ihnen Sicherheit bietet
  • bestens in der Lage, sich allein zu beschäftigen
  • komplexe Denker und Fragensteller (besonders für ihr Alter)
  • bei Konflikten sehr schnell verängstigt (häufige Reaktionen sind dann Weinen, Fliehen, „Ab-schalten
  • zu dem Schutz ihres empfindsamen und hyperaktiven inneren Alarmsystems auf externe Hilfe angewiesen

 

Nicht vergleichen - genießen!

Zur Hilfestellung und ggf. Entlastung möchten wir an dieser Stelle ein paar wichtige Gedanken äußern,die bei einer Vielzahl der o. g. „Probleme“ von Elternseite Würdigung finden könnten.

 

1. Insbesondere auf Eltern, die dies erstmalig werden, stürmen unzählige (zumeist ungebetene) Ratschläge ein. Lassen Sie sich Zeit, Ihr hochsensibles Kind kennenzulernen. Es wird mit großer Sicherheit in der Lage sein, Ihnen verständlich zu machen, ab wann es ihm zu viel wird. Und was zu wenig ist.

 

2. Ab ins Grüne! Jedwede Beschäftigung hochsensibler Kinder im naturnahen Raum bedeutet, sich zu „entstressen“. Man kann bei praktisch jedem Wetter einem Park, dem See oder Feldern und Wiesen am Stadtrand etwas abgewinnen, denn die Natur hat immer etwas zu bieten, und sei es „nur“ Stille!

 

3. Als Eltern haben Sie das Recht einer gewissen, an Ihrem Kind orientierten „Überwachung“. Wenn sich Ihr Sprössling ausschließlich virtuellen Phantasiewelten widmet und so gar nicht mehr hervorkommen mag, kann dies entweder an den (gebotenen) Alternativen liegen oder am Verlust der Nähe zur Wirklichkeit. Helfen Sie ihm durch gezielte und wohldosierte Ablenkungen aber zwingen Sie das Kind nicht zur Teilhabe an irgendetwas.

 

Speziell hochsensible Säuglinge brauchen zumeist enorm viel Körperkontakt, da die Kompetenz zum eigenen „Hüllenaufbau“ schwächer ausgeprägt ist als bei einem „normal“ sensiblen Baby. Versuchen Sie dies zu leisten, aber auch hier gilt: Ein überforderter Elternteil steckt das Kind praktisch immer mit seiner Überreiztheit an. Daher fordern Sie so oft wie möglich Hilfe ein und nehmen Sie sie auch an.

 

4. Jeder Mensch hat das Recht, allein sein zu wollen. Das Maß sollte grundsätzlich jedem selbst überlassen sein. Kein Kind, das permanent seine Zeit mit anderen verbringen möchte, muss sich rechtfertigen. Auch andersherum sollte es nicht so sein!

 

Lebenswirklichkeiten

Abschließend sollen zwei Beispiele das breite Spektrum an Erscheinungsformen von Hochsensibilität bei Kindern zeigen:

 

Lena (4) ist ein hochsensibles Mädchen. Im Kindergarten ist sie sehr interessiert und schnell zu begeistern. Daher freut sie sich besonders auf den Clown, der heute den KiGa besuchen soll. Während der Vorstellung beobachtet die Erzieherin das kleine Mädchen und registriert, dass Lena bereits nach drei Vorführungen des Clowns sichtbar abschaltet. Ihr Körper hört auf mitzuwippen, die Hände liegen ruhig im Schoß und im Verlauf des Auftritts sinkt ihr Kopf nach vorn. Schließlich hängt sogar ihr Kiefer herab und Speichel läuft heraus. Die Erzieherin bahnt sich einen Weg durch die begeisterte Meute, hebt Lena hoch und bringt sie in einen ruhigen, abgedunkelten Raum. Die anderen Kinder haben nichts bemerkt und johlen und schreien enthusiastisch. Zum Schluss lässt der Clown für jedes Kind noch einen Ballon da und verabschiedet sich. Eine halbe Stunde später kommt die kleine Lena „wieder zu sich“, trinkt ein Glas Wasser und läuft mit den Worten: „So ein toller Clown“ an der Hand der Erzieherin fröhlich zu den anderen Kindern in den Garten. Ob die anderen Kinder in der Lage sind, Lena wieder „normal“ aufzunehmen und sich gemeinsam über den Auftritt des Clowns zu freuen, hat sicherlich auch mit der (bis hierher überzeugenden) pädagogischen Kompetenz der Erzieherin zu tun.

 

Grundsätzlich kann jedoch festgehalten werden, dass Lena weder krank noch verhaltensauffällig ist, sondern schlicht viel früher als die anderen Kinder „an ihrer Grenze“. Ihrem Vergnügen und der Freude an dem Tag tut dies jedoch keinen Abbruch.

 

Hochsensible Kinder bedürfen (zugegebenermaßen) einer zeitlich und emotional intensiveren Betreuung; ihre geistige Gesundheit ist jedoch nicht annähernd gefährdet!

 

Nach diesem recht deutlichen Beispiel soll nun noch von Sebastian (6) berichtet werden. Während einer Fernsehsendung, die er mit seinem Vater ansieht, wird auf der Leinwand im Rahmen einer Charity-Show ein krebskrankes Kind gezeigt. Die Zuschauer werden aufgefordert, Geld zu spenden, und am Ende der Sendung erscheint der Bürgermeister der Stadt und überreicht den Eltern des kranken Kindes einen Scheck über eine beachtliche Summe. Der Vater fragt Sebastian, warum er denn nicht fröhlicher schaue, schließlich sei dem Kind eine gute medizinische Betreuung jetzt viel sicherer als vorher. Aber Sebastian sieht seinen Vater nur völlig fassungslos an und fragt: „Der Junge ist schon so lange krank, warum hat der Bürgermeister ihm denn nicht vorher das Geld gegeben? Der wollte doch jetzt nur, dass die Leute für ihn klatschen. Ich glaube, der kranke Junge ist ihm ganz egal!“ Damit steht er auf und geht still in sein Zimmer. Abgesehen von der (leider) tiefen Wahrheit, die der Kindermund dort spricht, ist auch das (ebenfalls sehr typische) Gerechtigkeitsempfinden vieler hochsensibler Kinder hiermit angesprochen. Während hochsensible Erwachsene an dieser Stelle ggf. noch Einflussmöglichkeiten wie das empörte Schreiben eines Leserbriefes, die (antrainierte) Gelassenheit beim Stichwort „Politiker“ oder einfach nur das schnöde Abschalten des Gerätes zur Verfügung haben, sind Kinder oftmals schutzlos dem „Medienschmarrn“ ausgeliefert. Daher sollte kindgerechtes und begleitetes Fernsehen selbstverständlich sein.

 

Sein dürfen, wie man ist

Ein vielfach zu beobachtendes Element im Umgang mit hochsensiblen Kindern schlägt sich in dem feinen Unterschied von Empfindsamkeit und Empfindlichkeit nieder: Niemand hat etwas dagegen, wenn sein Kind einfühlsam, hellwach und äußerst empathisch oder empfänglich für fremde Emotionen ist. Diese Kinder gelten als ideale Babysitter für Geschwister, Tiere, Gegenstände und gelegentlich

 

auch des elterlichen Gemütszustandes. Wehe aber, sie zeigen sich von ihrer anderen Seite, nämlich weinerlich und wehleidig, schnell aus der Fassung zu bringen, träumerisch und nicht belastbar. Dann mag sich niemand mehr für den kleinen „Hans-guck-in-die-Luft“ Zeit nehmen.

 

Wichtig zu wissen ist jedoch: Diese Gefühlsausdrücke sind zwei Seiten derselben Medaille. Hochsensible Kinder „können“ und sind beides: empfindsam und empfindlich. Oder auch empfindsam, weil empfindlich.

 

Oberstes Prinzip sollte daher immer sein: Geduld mitbringen! Vieles dauert mit einem hochsensiblen Kind länger. Es empfindet tiefer und länger Freude (und möchte diese mitteilen), es leidet stärker, verkraftet Konflikte und Trennungen nicht so leicht, kommt mit alltäglichen Widrigkeiten nicht so gut klar und braucht einen längeren Anlauf, um Freundschaften zu schließen. Das Vorlesen eines Buches dauert aufgrund der regen Zwischenfragen wahrscheinlich doppelt so lang wie bei einem normal sensiblen kindlichen Zuhörer, und außergewöhnliche Erlebnisse (s.o.) bedürfen einer intensiven Begleitung.

 

Wichtig bei allem ist stets: Gefühle benennen lernen. Hochsensible Kinder erleben ihre eigene immer weiter wachsende Welt so intensiv, dass ihnen (oft) schnell alles zu viel wird. Wenn das jeweils Aktuelle jedoch einen Namen und Worte bekommt, verliert es zumindest für das nächste Mal die beängstigende Unfassbarkeit.

 

Auch Optimismus und Zuversicht „beizubringen“ ist eine wichtige Aufgabe. Hochsensible Kinder neigen dazu, sich die Sorgen und Nöte aller zu eigen zu machen, und es ist wichtig, frühzeitig die Grenzen ihrer Verantwortung zu zeigen („Darum kümmern wir Erwachsenen uns, das ist nicht deine Aufgabe.“). Dennoch oder eben deshalb müssen gefühlte oder ausgesprochene Sorgen stets Raum für Ausdruck finden, ggf. im gemeinsamen Gebet (nicht zwingend religiös formuliert).

 

Ganz besonders wichtig und hilfreich für hochsensible Kinder sind und bleiben (in jedem Lebensalter) die Regelmäßigkeit des sinnlich erfahrbaren Rituals. Wie auch immer Letzteres gelagert ist (Gute-Nacht-Geschichte, sonntäglicher Ausflug, gemeinsames Bearbeiten der Hausaufgaben, Spaziergänge, zusammen baden oder schwimmen, Haare flechten/kämmen, Gebet, Singen etc.): Es bedeutet für hochsensible Kinder den sichersten Weg zu innerer Stärke und Stabilität.

 

Der Phantasie darf beizeiten eine gewisse Grenze aufgezeigt werden, aber wenn der imaginäre Freund oder das vermenschlichte Haustier keinen Schaden nehmen oder anrichten, sollte ihnen auch Raum gegeben werden.

 

Ohnehin sind Haustiere (von der Wühlmaus bis zum Hausschwein) für hochsensible Kinder oftmals ein noch wichtigerer Gefährte als für Kinder im Allgemeinen. Der ihnen eigene Rhythmus aus Spiel, Schlafen, Fressen und Teilhabe am menschlichen Leben umfasst ein wohltuendes und „wärmendes“ Spektrum, in dem nur selten irritierende Überraschungen drohen (von der von Kindern als endlich einmal gleichberechtigt erlebten Körpergröße mal ganz abgesehen).

 

Fotos von:

Kerstin Langer, Ludger Balster, Agnes Scharf-Balster

 

Folgende Literatur möchten wir Ihnen gerne noch ans Herz legen; Rezensionen sind beim IFHS verfügbar bzw. werden es in Kürze sein:

  •  ARON, ELAINE, Das hochsensible Kind, mvg Verlag, 19,90 €, ISBN: 3636063561
  • CRAWFORD, CATHERINE, Ich fühle was, was du nicht fühlst: hochsensible Kinder verstehen,  Pat-mos, 16,90 €,     ISBN: 3491401623
  •  LEUZE, JULIE, Empfindsam erziehen - Tipps für die ersten 10 Lebensjahre des hochsensiblen Kindes, Festland Verlag, 18,50 €, ISBN: 3950176551

 

 

 

Hochsensibilität von A bis Z

Artikel von der Seite „Zart beseitet“, bearbeitet und ergänzt von Agnes Scharf-Balster

 

A  wie Aron, Elaine

1997 hat die Psychologin Dr. Elaine Aron zum ersten Mal zum Thema „High Sensitive Person“ publiziert. Es ist also noch ein recht neuer Forschungszweig. Seit ein paar Jahren ist dieses Thema immer stärker in der Gesellschaft und in den Medien präsent. Elaine Aron hat ihre Forschungsergebnisse im Buch „Sind Sie hochsensibel“ veröffentlicht. Es ist DAS Standardwerk zum Thema und sehr empfehlenswert.

 

Der erste allerdings, der darüber publiziert hat, war Eduard Schweingruber, ein Theologe und psychologische Berater im von ihm geführten Kurhaus: „Der sensible Mensch – Psychologische Ratschläge zu seiner Lebensführung“ (Zürich 1935). Weiter zu nennen sind: Carl Gustav Jung, Ivan Pawlow und Jerome Kagan.

 

B wie Besonderheit

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sind ca. 15-20% aller Menschen hochsensibel. Die neurologische Besonderheit dabei ist, dass hochsensible Menschen äußere und innere Eindrücke nuancenreicher, umfangreicher und intensiver wahrnehmen und verarbeiten. Diese Art der Verarbeitung von Sinneseindrücken wird genetisch vererbt und ist auch in der Tierwelt beobachtbar.

 

2011 lieferten chinesische Forscher erste Erkenntnisse zur genetischen Ursache der Hochsensibilität. Sie analysierten das Erbgut von 480 Studenten und wiesen zehn Gen-Orte auf sieben Genen des Dopamin-Systems nach, die mit Hochsensibilität in Verbindung stehen. Zudem fanden dänische Wissenschaftler im selben Jahr heraus, dass ein höheres Sensibilitätslevel zumindest zum Teil auf das Serotonin-Transporter-Gen 5-HTTLPR zurückzuführen ist. (http://www.wissenschaft.de/archiv/-/journal_content/56/12054/809882/Zu-viel-Welt-fürs-Gehirn/)

 

C wie Coping-Strategien (Bewältigungsstrategien)

Es liegt auf der Hand, dass, wenn äußere und innere Eindrücke neurologisch stärker wahrgenommen und verarbeitet werden, es auch wichtig ist, zu lernen, mit dieser Reizstimulation umzugehen. Der erste Schritt ist, sich mit dem Gedanken zu befassen, dass man hochsensibel sein könnte und sich ein bisschen mit dem Thema zu beschäftigen. Das bietet Entlastung und Verständnis für diesen besonderen Wesenszug.

 

Folgende Bewältigungsstrategien können hilfreich sein, um die Reizüberflutung besser verarbeiten zu können:

  •        Zeiten des Alleinseins
  •        Rückzugs in die Stille
  •       Zeit in der Natur verbringen
  •       Meditation
  •       sonstige kreative Reizreduzierung
  •       Mikrourlaube
  •       sich externe Hilfe holen

D wie Diagnose

Hochsensibilität ist keine Krankheit – daher kann sie auch nicht diagnostiziert werden. Es gibt einige Fragebögen/Tests im Internet, doch die sind – wie alle Tests – nur bedingt aussagekräftig. Laut Elaine Aron weisen folgende Kriterien auf Hochsensibilität hin:
1.) eine sehr tiefe Verarbeitung von Sinneseindrücken – die zu gründlicher intellektueller Reflexion führe
2.) eine Tendenz zur Überstimulation – HSP zeigten häufig größere Nervosität, die zu chronischen Symptomen von Angst und Schlafmangel (die wie Folgen einer Überdosis Cortisol wirken) führen könnten – und
3.) eine starke Intensität des emotionalen Erfahrens, die sich auch in der Fähigkeit des Klienten bemerkbar machen kann, die Gefühle anderer Menschen mit hoher Intensität wahrzunehmen.

 

E wie extrovertiert

Ca. 30% der hochsensiblen Menschen sind extrovertiert. Diese suchen aktiv den Kontakt zu anderen Menschen und finden den Austausch auch in großen Gruppen anregend. Auch auf Bühnen fühlen sie sich wohl. Dennoch suchen auch diese Personen den Rückzug und brauchen Zeit für sich alleine, um das Erlebte zu verarbeiten.

 

F sich falsch bzw. fremd fühlen

Viele meiner KlientInnen berichten davon, dass sie sich irgendwie „falsch oder fremd“ fühlen. Auch in der Literatur wird darüber berichtet, dass sich hochsensible Menschen oft falsch in dieser Welt, als auch mit sich selbst falsch fühlen.

 

Das Gefühl, das mit einem selbst etwas „nicht stimmt“, wird häufig schon in der Kindheit als Glaubenssatz, wie z.B. „Ich bin nicht richtig.“ „Ich gehöre nicht dazu.“ „Ich bin nicht genug.“ oä, grundgelegt.

 

Diese Glaubensätze arbeiten als Wahrnehmungsfilter und wir sehen uns selbst und unsere Beziehungen zu anderen Menschen durch diese Brille und „fühlen uns falsch.“ Doch das sind wir hochsensiblen Menschen nicht! Ganz im Gegenteil! Wir sind ein sehr wichtiger Teil der Gesellschaft mit vielen Ressourcen. (siehe auch R – Ressourcen)

 

G wie Grenzen setzen

Durch das hohe Maß an Empathie (Fähigkeit des Mitfühlens), das die meisten hochsensiblen Menschen mitbringen, kann es vorkommen, dass die Gefühle von anderen wie eigene erlebt werden. Häufig kann dann nicht mehr unterschieden werden: was gehört zu mir, was gehört zum anderen? Hier hilft es, bewusst in den eigenen Körper hinein zu spüren und „ganz bei sich“ zu sein. Das „bei sich sein“ ist etwas, das jeder hochsensible Mensch lernen kann und in vielen Situationen sehr hilfreich ist.

 

Sich angemessen abzugrenzen braucht Übung. Egal ob energetisch, emotional, mental o.ä. Es liegt in deiner Verantwortung für dich gut zu sorgen und nach und nach zu lernen –innerlich wie äußerlich – „Nein“ zu sagen. Der Körper ist dir hier dein wichtigster Ratgeber! Höre auf seine Bedürfnisse und gehe achtsam mit ihm um!

 

H wie hochsensibel=hochsensitiv

Der von Elaine Aron geprägte Begriff „High sensitive Person“ wird im Deutschen uneinheitlich übersetzt – hochsensible oder hochsensitive Person. Beide bezeichnen denselben besonderen Wesenszug.

 

I wie Informationsverarbeitung

Das Gehirn von hochsensiblen Menschen funktioniert anders. 2011 wies Elaine Aron gemeinsam mit ihrem Ehemann Arthur Aron, der wie sie Psychologe an der State University of New York in Stony Brook ist, und Forschern der Universität Peking erstmals neurologische Besonderheiten bei Hochsensiblen nach: Die Wissenschaftler zeigten 16 chinesischen Studenten eine Serie von Landschaftsbildern in leicht bis deutlich abgeänderten Versionen. Die Probanden sollten die Veränderungen finden und benennen. Dabei zeichneten die Forscher die Hirnaktivität mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie auf. Bei den Hochsensiblen waren im Vergleich zu anderen Probanden Netzwerke aktiv, die mit visueller Aufmerksamkeit und Augenbewegungen in Verbindung stehen. Zudem waren sie beim Finden der Veränderungen langsamer, aber nicht weniger treffsicher. Die Deutung der Forscher lautete: Die Hochsensiblen achten stärker auf Details und brauchen bei der Reizverarbeitung mehr Zeit.

 

Im Juni 2014 wurde eine Studie veröffentlicht, an der auch Elaine und Arthur Aron mitgewirkt haben. Auch hier wurde durch bildgebende Verfahren nachgewiesen, dass das Gehirn hochsensibler Menschen auf Umweltreize mit erhöhter Aufmerksamkeit und Verhaltensbereitschaft reagiert, besonders, wenn es sich um soziale Interaktionen handelt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das hochsensitive Gehirn besser auf andere einstimmen kann und so die Bedürfnisse anderer besser wahrnimmt.

 

J wie Jugend und Kindheit

Lt. Elaine Aron gibt es zwei Sorten von hochsensiblen Menschen: Solche, denen Depressionen und Ängste stark zu schaffen machen und solche, die diese Gefühle kaum kennen. Sie fand heraus, dass die depressiven und ängstlichen Hochsensiblen fast immer eine schwierige Kindheit hatten. Im Vergleich hatten Nicht-Hochsensible mit schwieriger Kindheit weit weniger mit Ängsten und Depressionen zu kämpfen, ebenso Hochsensible mit einer gesunden Kindheitsentwicklung.

 

Die Prägungen der Kindheit und Jugend lassen sich auf die vier psychischen Grundbedürfnisse zurückführen.

  •       das Bedürfnis nach Bindung
  •       das Bedürfnis nach Autonomie und Kontrolle,
  •       das Bedürfnis nach Lustbefriedigung bzw. Unlustvermeidung und
  •       das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Anerkennung.

Ist man sich dieser vier Grundbedürfnisse gewahr, kann man auch scheinbar sehr komplexe Probleme auf den wesentlichen Kern reduzieren und sich so von dem Muster distanzieren – als ersten Schritt in Richtung Lösung des Problems.

 

K wie Kind, Inneres

Das Innere Kind steht für alle Erfahrungen, Gefühle und Erinnerungen, die du aus deiner Kindheit gespeichert hast. Oft sind das auch unangenehme Gefühle wie: Enttäuschungen, Zurückweisung, Schmerz, Traurigkeit, Verlassensein, Angst, Wut. Hinderliche Gedankenmuster wie „Ich bin es nicht wert“, „Ich kann das nicht“, oder „Ich muss immer brav, lieb, leise… sein, um geliebt zu werden“ kommen oft aus der Kindheit.

 

Viele Strategien und Muster, die wir als erwachsener Mensch leben, haben wir in der Kindheit als Selbstschutz entwickelt. Wir reagieren in bestimmten Situationen dann immer noch als das Kind, das wir damals waren und sind uns nicht gewahr, dass wir erwachsen sind. Diesem Inneren-Kind Schutz und Zuversicht zu geben, ist mir bei meiner Arbeit ein großes Anliegen. 

 

L wie Lebensweise

Du bist der Schöpfer, die Schöpferin deiner Wirklichkeit. Viele hochsensible Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine hohe Resilienz – sie sind quasi „Stehaufmännchen“. Diese Fähigkeit ist ungemein wichtig, weil sie dir hilft, leichter und schneller durch schwierige Zeiten (Konflikte, Misserfolge, Niederlagen, Lebenskrisen) zu kommen. Folgende Tipps helfen dir, deine innere Widerstandsfähigkeit zu erhöhen:

  • Sorge für dich selbst: nur wenn es dir gut geht, kannst du andere unterstützen. Finde für dich Möglichkeiten, wie du am besten für dich sorgen kannst: Zeit in der Natur, Meditation, Musik, Zeit mit Freunden, Sport, gesunde Ernährung,
  • Glaube an deine Kompetenz: Du schaffst es! Auch mit kleinen Schritten kannst du große Ziele erreichen oder in schwierigen Zeiten bestehen.
  • Umgib dich mit Menschen, die dich unterstützen: es gibt immer mehr Gruppen auf Facebook, wo du Hilfe findest und auch immer öfter Austauschgruppen. Erkenne den Unterschied zwischen Problem und Restriktion: Ein Problem kannst du lösen (ev. mit Hilfe von anderen), eine Restriktion nicht, denn darauf hast du keinen Einfluss: z.B. das Wetter, eine Zugverspätung oder große globale Probleme (hier kannst du lokal deinen Beitrag leisten).
  • Raus aus der Opferhaltung: wo schaust du hin: Was du kannst und wofür du dankbar bist – also auf die Fülle? Oder auf den Mangel – was dir alles fehlt. Nimm dein Leben in die Hand! Schau auf die Fülle und wofür du dankbar bi

M wie Meditation

Meditation (sitzend, gehend…) kann hochsensiblen Menschen helfen, ihre Gedanken zu ordnen, das Erlebte zu verarbeiten und zu überdenken. Meditation hilft auch, innerlich ruhig zu werden und die eigenen Probleme aus der Distanz neu zu ergründen und neue Perspektiven zu entwickeln. Die Stille wirkt auf allen Ebenen. Suche dir Meditationen, die für dich passen und stimmig sind.

 

N wie Netzwerk von HSP für HSP

Immer mehr hochsensible Menschen entdecken ihren Wesenszug und suchen nach Informationen, nach Gleichgesinnten zwecks Austausch und nach professionellen BeraterInnen.

 

In Österreich hat sich das „Netzwerk von HSP für HSP“ http://www.hochsensitiv.net als eine der wichtigsten Info-Plattformen etabliert. Diese ist natürlich auch für andere deutschsprachigen Menschen aus anderen Ländern zugänglich. Hochsensibilität ist in anderen Ländern nicht anders. HSP steht dabei für „Hochsensitive Personen“. Ziel ist, in allen Bundesländern professionelle Informationen und Unterstützung für Ratsuchende anzubieten. Auf der Homepage finden Ratsuchende:

  •       Informationen über Hochsensitivität/Hochsensibilität
  •       Newsletter-Abonnement mit aktuellen Informationen

Auf der Facebook-Seite des Vereins werden häufig interessante Infos und Veranstaltungen gepostet.

 

N wie Nahrung

Viele Hochsensible gehen schon als Kind mit ihrer Ernährung besonders um. Einige essen anfangs nur ein oder zwei bestimmte Gerichte. Meine Tochter aß zunächst nur immer den Rand einer Pizza. Später durfte auch Tomatensoße drauf, noch später Käse usw. Heute isst sie alles, aber hauptsächlich vegetarisch und Bio.

 

N wie Natur

Hochsensible haben nicht nur eine tiefe Verbindung zu Tieren, sondern zu gesamten Natur. Sie erfassen und fühlen, dass das, was wir der Natur antun zu uns zurück kommt. Darunter leiden viele und engagieren sich oft in diesen Bereichen.

 

O wie Orientierung

Wenn du glaubst oder ahnst, dass du hochsensibel bist, empfehle ich dir, dich zuerst einmal über das Thema zu informieren (was du offenbar schon tust!) und dich in Gruppen in sozialen Netzwerken oder realen Treffen auszutauschen. Meistens ist es eine große Erleichterung zu erkennen, „was mit mir los ist“ und mit vielen Aha-Erlebnissen verbunden.

 

P wie Pausen

Wessen Sinne viele Informationen wahrnehmen, braucht Pausen um diese zu verarbeiten – egal, ob Kind, jugendlich oder erwachsen. Plane diese konkret in deinen Tagesablauf ein!

 

Eine sehr gute Übung, die man z.B. am Abend vor dem Schlafengehen machen kann, ist die Schüttelübung – sie ist für jedes Alter geeignet: dabei steht man locker mit den Füßen schulterbreit da und dann schüttelt man sich und schüttelt sich und schüttelt alles aus, was der Tag an Spannungen und unangenehmen Energien gebracht hat. Sehr gut ist es auch, dabei laut „Wähhhhh!“ zu rufen und alles, was einem nicht gefallen hat „wähhhh die blöden Hausübungen!“ „Wäh, der blöde Kunde heute!“ Das macht man so lange, bis alles weggeschüttelt ist und/oder man lachen muss. (siehe auch „C – Coping-Strategien“).

 

Q wie (alles) Quatsch?

Auch wenn die Wissenschaft zum Thema Hochsensibilität noch in den Kinderschuhen steckt, so ist sie anerkannt. Noch ist das Thema nicht bei allen Menschen angekommen, doch es wird mehr und mehr publik.

 

R wie Ressourcen

Der Wesenszug der Hochsensibilität bringt einiges an Ressourcen mit – bringe deine zur Entfaltung! Das Leben als hochsensibler Mensch hat eine wunderschöne Tiefe, die ich nicht mehr missen möchte! Hier möchte ich einige Ressourcen aufzählen. In welchen erkennst du dich wider? (Reihenfolge ohne Bedeutung)

  •  ganzheitliche und komplexe Denkweise
  •  Fähigkeit zum vernetzten Denken
  •  sehr gute Sinneswahrnehmungen (Geruch, Geschmack, Geräusche, Licht, Farben, Berührungen)
  •  Fähigkeit zur Reflexion, auch Selbstreflexion
  •  Fähigkeit zur tiefen Empathie
  •  ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden
  •   loyal
  •  humorvoll – wenn auch ziemlich eigen!  
  • sehr gutes Gedächtnis
  • Kreativität
  • Problemlösungsfähigkeit
  • Entscheidungen werden nach reiflicher Abwägung vieler Variabler getroffen
  • überdurchschnittliche Intelligenz
  • sehr gutes Radar für „wenn etwas zu viel wird“
  • hohe Schmerzempfindlichkeit (Der Körper sagt schon viel früher „so nicht“! Oft können Krankheiten in einem sehr frühen Stadium erkannt werden.)
  • Respekt vor dem Wesen des anderen
  • reiches InnenlebenTräume mit Ton, Farbe und in 3D
  • viele Hochsensible sind sehr gute ZuhörerInnen und RatgeberInnen
  • erkennen von Zusammenhängen
  • ökologische Rücksichtnahme, Nachhaltigkeit
  • hohe Gewissenhaftigkeit
  • mögen klare Richtlinien
  • hohe Intuition (dadurch auch Erkennen von Trends und Marktnischen)
  • künstlerisches Interesse/Ausdrucksvermögen bzw. Talent
  • hilfsbereit (hier ist es besonders wichtig, Grenzen zu setzen!)
  • hohe ethische Wertvorstellungen
  • „Ideenkraftwerk"
  • hohe Entschlossenheit Fehler zu vermeiden
  • vorausschauendes Geschick
  • und noch viel mehr!

S wie Stress

Man sollte sich vergegenwärtigen, dass die Welt, wie sie heute ist, extrem schnell und technologisiert ist. Sie ist laut, überbevölkert und es scheint für sehr viele Probleme keine oder kaum Lösungsansätze zu geben. Man ist immer und überall erreichbar und wer mit der Wirtschaft nicht mitkommt, kann rasch aus dem System fallen.

 

In den 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts war das noch anders: Es gab kaum Fernsehen, viel weniger Lärm (Autos, Dauerbeschallung..) und die Gesellschaft sah positiv in die Zukunft. So waren hochsensible Menschen noch gar nicht so stark der Reizüberflutung ausgesetzt wie heute.

 

So ist es wenig verwunderlich, dass die Forschung über hochsensible Menschen erst 20 Jahre alt ist. Denn erst in den letzten drei bis vier  Jahrzehnten haben sich die Umstände so verändert, dass sie für hochsensible Menschen zur dauernden Belastung wurden. (siehe auch „C-Coping-Strategien“)

 

T wie Tiere

Viele hochsensible Menschen haben einen starken Bezug zu Tieren. Durch ihre Intuition und den feinen Sinneswahrnehmungen können sie häufig mit den Tieren kommunizieren und ihr Verhalten richtig deuten. Auch ernähren sich viele hochsensible Menschen vegetarisch oder vegan und engagieren sich für den Tierschutz.

 

U wie Umgang mit dem Körper

Viele hochsensible berichten, dass grundlegende Bedürfnisse wie Durst oder Hunger sofort gestillt werden müssen. Durst und Hunger sind Reize, die eine Verminderung jener biochemischen Substanzen verursachen, die für die normale, ruhige Funktion des Nervensystems notwendig sind. Ganz klar: wir müssen uns um unseren Körper kümmern. Nimm deinen Körper mit alle deinen Sinnen wahr und lerne ihn kennen. Was braucht er? Wann braucht er es? Was möchte er dir mitteilen? Im Körper sind all deine Erfahrungen gespeichert und daher ein weiser Ratgeber. Dafür gibt es viele Meditationen im Internet, in Büchern, auf CDs, bei Youtube.

 

V wie vielinteressiert

Einige hochsensible Menschen sind an vielen Dingen interessiert, brauchen viel Abwechslung, lernen gerne Neues und arbeiten sich leicht in verschiedene Aufgabengebiete ein. Sie können sich dann aber auch rasch wieder langweilen, wenn sie die jeweilige Tätigkeit „durchschaut“ haben. Diese Menschen nennen sich: IdeenheldInnen, Renaissance-Soul, Vielbegabte, Vielinteressierte, Multitalente oder – und am bekanntesten: Scanner.

 

W wie Wohlbefinden

Das körperliche, emotionale, mentale und seelische Wohlbefinden ist für ein erfüllendes Leben notwendig. Gerade für uns hochsensible Menschen ist es besonders wichtig, in unserer Mitte zu sein, um uns wohl zu fühlen. In diesem kleinen „A bis Z“-Guide hast du schon viele Tipps dafür gefunden.

 

Z wie zart besaitet

„Zart besaitet – Gesellschaft zur Förderung und Pflege der Belange hochempfindlicher Menschen“ ist ein Verein, der auf seiner Webseite viele Informationen zum Thema Hochsensibilität bereithält, inklusive eines Selbsteinschätzungs-Tests. Georg Parlow, Obmann des Vereins und Autor des Buches „zart besaitet“ führt auch eine gleichnamige Seite auf Facebook.

 

Fotos: Hannah Balster, Agnes Scharf-Balster